BILDBAND: STEFAN OLáH FOTOGRAFIERTE DAS UNTOURISTISCHE ISCHL

Der Wiener Fotograf Stefan Oláh (Jahrgang 1971) hat eine unverwechselbare Bildsprache gefunden. Ob es Museumsdepots oder Würstelstände sind, Architektur der 1950er oder der 1970er-Jahre, stets haben seine Fotos etwas ebenso Irritierendes wie Magisches. Es sind so nüchterne wie ernüchternde Aufnahmen, die nicht beschönigen. Nun zeigt er in einem Bildband Bad Ischl, wie es sich abseits der touristischen Hotspots präsentiert. Nicht un-, sondern abgeschminkt.

"Der Alltag interessiert mich einfach mehr als die Inszenierung", sagt Oláh in einem im Buch abgedruckten Interview. Er habe sich das Städtchen ergangen und dabei hinter die Kulissen geblickt: "Bergbau und Gewerbegebiet, Industrie, Verkehr, Einkauf, Erholung - das alles liegt nahe beieinander. Von der Therme zum Bergwerk geht man höchstens zehn Minuten. Unterwegs liegt eine Autowaschanlage, die fast mitten im Wald steht."

Zum Teil sind es bauliche Lieb-, Trost-, Geschmack- und Gedankenlosigkeiten, die man in ganz Österreich finden kann: hässliche Zweckbauten, haarsträubende Umbauten, vergessene Provisorien, deprimierende Eingriffe in die Natur. Zum anderen Teil sind es skurrile Gegensätze, die besonders hier im Herzen des Salzkammerguts auffällig werden, wo man zwischen Habsburger-Nostalgie, landschaftlicher Pracht und älplerischer Folklore ein Image aufgebaut hat, das auf Verklärung statt auf Aufklärung setzt. Zum Kaiserwetter wird Zaunerstollen gereicht. Doch wenn man wie Oláh den Blick nicht nur schweifen lässt, sondern auch scharf stellt, geraten schäbige Sissi-Tassen und gruselige Jagdtrophäen ebenso ins Bild wie der "Jausenkaiser" oder besagte "Kaiserwäsche" im Wald: "Und ihr Auto blitzt wie neu."

ORF-Journalistin Clarissa Stadler hat einen Essay beigesteuert. Überraschenderweise beschäftigt sie sich in ihm nicht mit dem anderen Blick Oláhs, sondern mit dem "Doppelblick", dem angeblichen Lieblingsplatz (mit Blick auf den Dachstein) von Erzherzogin Sophie von Österreich, der Mutter von Kaiser Franz Joseph, und ihrer eigenen einst dort wohnenden Verwandtschaft Onkel Rudi und Tante Reserl. Diese entpuppen sich als der Operettenkomponist Rudi Gfaller und die Sängerin Therese Wiet, beide am Ischler Friedhof begraben, und der Text als eine familienhistorische Parallelaktion zu fotografischen Bestandsaufnahme der Gegenwart. Bad Ischl hat eben viele Facetten.

(S E R V I C E - Stefan Oláh: "Ischl", mit einem Essay von Clarissa Stadler, Verlag Anton Pustet, 156 Seiten, Broschur, 28 Euro, www.pustet.at, www.olah.at)

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